Kastration des Kromfohrländers?


1.Kastration als Problemlösung?

 
Wie ich auf den Unterseiten zur Erziehung und zum Wesen des Kromfohrländers ausgeführt habe, muss man spätestens ab der Pubertät des Hundes auch mit unerwünschten Verhaltensweisen (z.B. Anbellen von entgegenkommenden Hunden und Mordstheater an der Leine) rechnen. Außerdem sind viele Kromi-Rüden in der Pubertät regelrecht "hypersexuell" veranlagt und äußerst triebgesteuert, was in der Folge auch mit einer Vergrößerung der Prostata einhergehen kann.
 
Bei den meisten Kromirüden, die ich kenne, begannen diese Dinge ab dem Alter von ungefähr 9 Monaten. Bei den Hündinnen stellten sich unerwünschte Verhaltensweisen meistens nach der 2. Läufigkeit -manchmal aber auch schon früher- ein. Auch Hundehalter, die ihren Hund bis dahin konsequent erzogen hatten, blieben von diesen Verhaltensweisen meistens nicht verschont. Teenager -egal ob Mensch oder Hund- probieren eben aus, wie weit sie gehen können und die einschießenden Hormone tun ihr übriges.
 
In der Regel lässt sich dieses Verhalten aber bei denjenigen, die ihrem Hund Führung bieten können und eine gute erzieherische Grundlage gelegt haben, in moderate Bahnen lenken und früher oder später einigermaßen gut händeln.
 
Wer allerdings bis dahin dem Charme des süßen Kromis erlegen war, versäumt hat Grenzen zu setzen und den Hund konsequent zu erziehen, hat es wesentlich schwerer. Da wird der bis dahin so süße, nette Kromi auf einmal zu einem kleinen Monster. Manch einer hat die vorangehenden körpersprachlichen Drohsignale (z.B. Fixieren, bedrohliche Körperhaltung), das Imponiergehabe (Stolzieren, Umkreisen....) oder Dominanzgesten (Pfote auf den Rücken/Nackenbereich auflegen, Aufreiten....) gegenüber anderen Hunden, gar nicht wahrgenommen und ist dann wie vor den Kopf geschlagen, wenn sein Hund kurz darauf oder bei der nächsten Begegnung tobend in der Leine hängt. Im Übrigen zeigen dieses Verhalten nicht nur die Rüden; die Hündinnen können genauso heftig reagieren, was natürlich nicht heißen soll, dass jeder Kromi in die „Pöbelphase“ käme.
 
Bei den Rüden kommen zu den Pöbeleien oftmals auch das sexuell motivierte Aufreiten (nicht zu verwechseln mit dem Aufreiten als Dominanzgeste oder Übersprungshandlung) und ein vermehrtes Markierverhalten hinzu. Manch ein Rüde hat nur noch Augen für die Damenwelt und keine Lust mehr auf seine Menschen zu hören. Unterwegs lauern überall verlockende Düfte, die den Rüden fast die Sinne rauben. Einige Rüden sind von diesem „Liebesdrang“ so überwältigt, dass sie die (genervten) Hündinnen regelrecht belästigen, wenn ihre Besitzer hier nicht eingreifen und den Rüden in seine Schranken weisen bzw. mittels Anleinen aus dieser Situation heraus nehmen. Nicht wenige Rüden sind wie von Sinnen, klappern vor sexueller Erregung mit dem Unterkiefer, zittern oder hecheln wie wild.
 
Aber auch die Hündinnen scheinen schlechter hören zu wollen und interessieren sich vermehrt für die Gerüche ihrer Umgebung. Vor und während der Hitze sind die Hündinnen oftmals wachsamer und bellfreudiger als sonst. Manch eine Hündin wird während der Zeit der Läufigkeit auch aggressiv gegenüber anderen Hunden.
 
Kurz: Die Pubertät des Hundes kann eine verdammt anstrengende Zeit sein. Genau in dieser Zeit werden besonders viele Hunde kastriert um vermeintliche Hypersexualität oder Verhaltensprobleme zu lösen. Meistens sind es die Hundebesitzer selber oder befreundete Hundehalter, die auf diese „Idee der Problemlösung“ kommen. Manchmal sind es aber auch Hundetrainer, die sich ganz und gar nicht mit Kromis auskennen oder schlichtweg schlecht sind (davon gibt es leider mehr als es der Hundewelt gut täte). Bei vielen Tierärzten fällt diese „Idee“ dann auch noch auf fruchtbaren Boden, denn schließlich verdienen sie an diesem Eingriff der immerhin eine handfeste Operation mit Vollnarkose darstellt, nicht schlecht.
 
Es stellt sich jedoch die Frage, ob den Leid geplagten Hundebesitzern mit einer Kastration tatsächlich geholfen wird.
 
Ich persönlich rate von der Kastration als Pauschallösung für unerwünschtes Verhalten ab. Insbesondere dann, wenn man damit die Leinenaggressivität bekämpfen möchte. Gerade diese Form des unerwünschten Verhaltens wird oft durch Erziehungsfehler, eine schlechte Leinenführigkeit, Inkonsequenz und Führungsschwäche von Seiten des Besitzers verstärkt. Das soll nun nicht heißen, dass nur diejenigen Hunde pöbeln, deren Besitzer vorher „zu lieb“ waren. Nein, auch andere Hunde können dieses Verhalten zeigen und auch unsere Amelie und Nouri können sich aufregen und regelrecht hysterisch werden. Jedoch kann man dieses Verhalten als souveräner Hundehalter mit konsequenter Erziehung und einer guten Leinenführigkeit und Distanzvergrößerung in soweit beeinflussen, dass man sehr gut (!) damit leben kann. Aber dazu später.
 
Zunächst möchte ich darauf eingehen, weshalb ich von der Kastration als Problemlösung abrate: Das Problem sehe ich darin, dass man sich mit der Kastration so viele unerwünschte Dinge mit ins Haus holen kann. Hat man den Hund erst einmal kastriert gibt es kein Zurück mehr! Mensch und Hund müssen das ganze Hundeleben lang mit den Folgen der Kastration klar kommen, bei denen neben positiven Folgen auch negative Effekte zutage treten können.
 
Gerade wenn die "Leinenaggressivität" auf Grund von Führungsschwäche seitens des Hundehalters, Erziehungsfehlern oder Unsicherheit von Seiten des Hundes besonders ausgeprägt ist, ist die Gefahr groß, dass sich dieses Verhalten noch verschlimmert. Fraglich ist allerdings auch, ob das vermeintlich aggressive Verhalten tatsächlich ein Aggressionsverhalten ist, ober ob es nicht auch eher eine etwas heftigere "Ansage" mit dem Ziel der Distanzvergrößerung sein kann. Denn, wenn das heftige Bellen darauf zurückzuführen ist, dass der Kromi seine (mitunter recht hohe) Individualdistanz durch "heranbretternde" oder frontal auf ihn zulaufende andere Hunde unterschritten sieht, dann kann es laut werden und auch dieses Verhalten kann man dies nicht durch eine Kastration lösen. Hier ist vielmehr ein gutes und einfühlsames Training angesagt.
 
Bedenken sollte man auch, dass Autoimmunerkrankungen durch Kastrationen getriggert werden können. Hierzu gibt es mittlerweile auch eine einschlägige Studie: Sundburg et al. Gonadectomy effects on the risk of immune disorders in the dog: a retrospective study. BMC Veterinary Research (2016) 12 :278. Deutsche Zusammenfassung der Studie: Dr. Gerda Bäumer. Prävalenz und Risiko von Autoimmunerkrankungen bei kastrierten Hunden. Der Praktische Tierarzt 98, Heft 2 (2017)
 
Nachfolgend habe ich mögliche weitere negative Kastrationsauswirkungen für Rüden und Hündinnen aufgeführt. Die Prozentzahlen stammen dabei aus der Bielefelder Kastrationsstudie (zu beziehen über die Hundeschule Gabriele Niepel ) von Dr. Gabriele Niepel aus dem Jahre 2002, in deren Rahmen 1010 Hundehalter in Fragebögen Angaben über Kastrationsauswirkungen bei ihren Hunden machten.
 
A.Mögliche Kastrationsauswirkungen bei den Rüden:
 
  • Unsicherheit des Hundes durch Testosteronmangel. Mögliche Folge: Angstaggression
  • Aufreiten und Belästigung durch andere Hunde, weil der Kastrat so gut riecht (manch einer riecht wie eine läufige Hündin). Folge: Extremer Stress für den Hund, der dann auch wieder in Aggression gegen die Artgenossen, die ihn nicht ernst nehmen, umschlagen kann.
    Eine mir bekannte Kromi-Besitzerin, war nach der Kastration ihres Rüden total unglücklich darüber „was sie ihrem Hund dadurch angetan hat“. Dieser Kromi-Rüde riecht so gut, dass ihm ständig andere Hunde „hinten dran“ hängen und ihn besteigen. Der arme Kerl hat totalen Stress!!!
  • Es gibt Hündinnen, die gegenüber Kastraten aggressiv werden, weil sie ihn für eine „Konkurrentin“ halten. D.h.: Der Kastrat wird jetzt zwar nicht mehr unbedingt von anderen Rüden für voll genommen; dafür halten ihn aber Hündinnen für eine „Gegnerin“
  • Inkontinenz (Harntröpfeln): Bei immerhin 9% der Rüden
  • Fellveränderungen bei 32 % der Rüden insgesamt. Bei Rassen mit Unterwolle und roten Farbpigmenten wie bei den Kromis sind es sogar noch mehr. Ich kenne Kromis, die nach der Kastration total „fusselig“ geworden sind (besonders die rauen) und bei denen die Farben verblasst sind. Auch das schöne Schwarz des Nasenspiegels kann dann eher violett aussehen.
  • Gewichtszunahme: 47%
  • Vermehrter Hunger: 46%
  • Bei einer Frühkastration (Alter unter 6 Monate) kommt es in 43% der Fälle zu einer Verlängerung der Wachstumsphase mit den daraus resultierenden Gefahren für die Skelettentwicklung.
 
Jetzt folgen noch ein paar Zahlen zu positiven Veränderungen, die natürlich nicht unter den Tisch fallen sollen:
 
  • 63% der Hundehalter berichten von einer größeren Ausgeglichenheit ihres Hundes.
  • 34 % verminderte Aggression gegen gleichgeschlechtliche Hunde bzw. 20% sind sicherer gegenüber den Artgenossen geworden. Dem stehen aber 7% mehr unsichere Hunde, 19% Besteigungsversuche durch andere Rüden, 5% erhöhte Aggression im Allgemeinen und 3% erhöhte Aggression gegen andere Rüden gegenüber.
    Ich persönlich glaube, dass die Zahl der Hunde, die Stress bekommen bzw. unsicherer werden bei den Kromis noch höher liegt, weil die Kromis ohnehin schon oft unsicher sind bzw. nicht immer ein stabiles Nervenkostüm haben. Mir sind mehrere kastrierte Kromirüden bekannt, die gegenüber anderen Hunden sehr aggressiv sind.
  • 45% Verschwinden der Vorhautentzündungen. Bleiben allerdings immer noch 55%.
  • 34% verbesserter Gehorsam
  • 23 % verbesserte Konzentration
  • Streunen wurde nur bei 5% der Rüden vermindert

Rüde nach Kastration

 
B. Mögliche Kastrationsauswirkungen bei den Hündinnen:
 
Bei Hündinnen gibt es ebenfalls negative Auswirkungen, insbesondere dann, wenn sie zu dem falschen Zeitpunkt (in einem ungünstigen Zyklusstadium, z.B. zu früh nach oder kurz vor der Läufigkeit) kastriert wurden.
 
  • 11% der Hündinnen wurden lt. der Bielefelder Kastrationsstudie aggressiver gegen Artgenossen beiderlei Geschlechts
  • 9% wurden aggressiver gegen andere Hündinnen
  • 9% wurden unsicherer
  • Fellveränderungen traten in 49% der Fälle auf. Bei den Kromis explodiert das Fellwachstum oftmals regelrecht, das Fell wird fusselig und bei Rauhaarkromis verblassen die Farben oft.
  • Eine Gewichtszunahme wurde in 44 % der Fälle berichtet
  • Ein vermehrter Hunger trat bei 40 % der Hündinnen zutage
  • 28% wurden inkontinent
  • 4% der Hundebesitzer berichteten von einer Folgeerkrankung ihrer Hündin bzw. von negativen Operationsfolgen und Wundheilungsstörungen.
  • Bei einer Frühkastration (Alter unter 6 Monate) kommt es in 30% der Fälle zu einer Verlängerung der Wachstumsphase mit den daraus resultierenden Gefahren für die Skelettentwicklung

Kastrationsnarbe Hündin
(gut verheilte OP-Wunde)
 

Als positive Auswirkungen wurden neben der Krebsvorsorge (mehr dazu bei dem Punkt Kastration aus gesundheitlichen Gründen auf der Unterseite „Rund um die Gesundheit“) die folgenden Dinge genannt:
 
  • 18 % verhielten sich sicherer gegenüber Artgenossen (manch einer empfand diese Veränderung jedoch auch als negativ)
  • 12% verhielten sich anderen Hündinnen gegenüber weniger aggressiv. Diese Veränderung war insbesondere dann eingetreten, wenn es sich um Hündinnen handelte, die zuvor während der Läufigkeit aggressiv waren.
  • von verbessertem Gehorsam berichteten 11% der Hundehalter
  • und von einer besseren Konzentration 10%
Betrachtet man die obigen Zahlen und möglichen Auswirkungen wird klar, dass eine Kastration mit einer gewissen Gefahr zur Verschärfung der Verhaltensprobleme verbunden ist. Außerdem können noch einige andere unerwünschte „Nebeneffekte“ sowohl bei den Rüden als auch bei den Hündinnen hinzukommen. Wie sich die Kastration bei dem jeweils eigenen Hund auswirken wird, kann einem leider niemand voraussagen. Insofern sollte man meines Erachtens zunächst alle anderen Möglichkeiten zur Problemlösung ausschöpfen bevor man sich zu diesem unumkehrbaren (!) Schritt entschließt.
 
Bei den Rüden gibt es übrigens auch noch die Möglichkeit einer chemischen Kastration, um mögliche Kastrationsfolgen vorher auszutesten. Dazu wird bei dem Rüden mittels eines Medikaments für die Dauer von ca. 4 Wochen die Testosteronproduktion gedämpft. Verhält sich der Rüde in dieser Zeit tatsächlich ausgeglichener, so kann das ein Indikator dafür sein, dass dieser Effekt auch bei einer tatsächlichen Kastration eintritt. Da bei der chemischen Kastration im Gegensatz zur richtigen Kastration jedoch nicht die gesamte Testosteronproduktion ausgeschaltet wird, kann es passieren, dass sich der Hund während der chemischen Kastration so verhält, wie man es sich erhofft; nach der richtigen Kastration dann aber auf einmal zum Angstbeißer wird, da ihm das Sicherheit verleihende Testosteron auf einmal nahezu komplett entzogen wurde. Eine Garantie kann einem also keiner geben.
 
Hier ist auch noch ein Zitat von Frau Niepel:
„Zu fragen ist, warum sich so viele Hundebesitzer trotz des Bewusstseins über mögliche negative Auswirkungen zur Kastration entschließen – und wie zumindest die Zahlen zeigen, hat jeder Hundebesitzer immerhin eine über 40prozentige Chance mit negativen Folgen konfrontiert zu werden.“
 
Was kann aber der gestresste Hundebesitzer tun, um das unerwünschte Verhalten seines Hundes in die richtigen Bahnen zu lenken?
 
Was nach meinen Erfahrungen gut hilft, ist dem Hund einerseites strengere Regeln zu setzen und ihn andererseits aus den für ihn schwierigen Situationen rauszunehmen. Auf die Einhaltung dieser Regeln muss man ganz konsequent achten. Seien Sie in dieser stressigen Zeit ruhig ein bisschen strenger mit Ihrem Hund. Auch wenn es Ihnen anfangs schwer fällt, ist dies allemal besser als mit einem pöbelnden Hund durch die Gegend zu laufen. Achten Sie insbesondere auf eine gute Leinenführigkeit. SIE bestimmen wo es lang geht. Lassen Sie sich auf gar keinen Fall von Ihrem Hund irgendwo hinzerren, damit er dann markieren kann. Oft habe ich schon den Satz gehört: „Aber er muss doch gerade so nötig“. Und dass obwohl der (erwachsene) Hund 2 Stunden zuvor bereits Gassi war. Und „schwupps“ wird der Besitzer irgendwo hingezogen. „Bello“ markiert. Hurra! Und um noch einen drauf zu setzen wird auch noch kräftig mit den Hinterbeinen gescharrt damit „Bello“ allen anderen Hunden mitteilen kann, dass er der König der Nachbarschaft ist.
 
Manch ein Hund ist sogar so dreist, dass er seine eigenen Besitzer anpinkelt. „Seht her. Die gehören mir und ich bin der Chef hier.“ Auch hier handelt es sich um ein Problem mit der Rangordnung, das Sie mit einer Kastration nicht lösen werden.
 
Auch das Belästigen anderer Hunde sollten Sie unterbinden. SIE bestimmen wann, mit wem und wie lange der Hund Kontakt haben darf. Viele Hunde haben diesbezüglich Narrenfreiheit, entscheiden selber, drehen ihr eigenes Ding und kommen dann in die Situation, dass sie völlig „oversext“ oder gestresst sind, weil sie mit der Situation auf Grund ihres jugendlichen Alters (noch) nicht umgehen können.
 
Gehen Sie aufmerksam spazieren und achten auf diese Dinge. Auch wenn Sie Ihren Hund dadurch in seinen Freiräumen einengen, so wird er durch diese Sicherheit und Führung, die Sie ihm geben, weniger Stress haben, denn SIE übernehmen nun die Verantwortung für die Geschehnisse. All die Grundlagen, die Sie bis zu dem Alter von ca. 3 Jahren gelegt haben, werden sich später auszahlen. Denn ab ca. 3 Jahren ist der Kromi erwachsen. Man spricht dann von der „sozialen Reife“. Wenn Sie ihm bis dahin Führung und eine gute Erziehung geben konnten, wird Ihr Kromi ab diesem Alter langsam souveräner und gelassener. Auch Rüden, die schon einmal gedeckt haben, sollen bei läufigen Hündinnen nicht mehr ganz so schnell aus dem Häuschen sein. Denn diese Rüden „wissen“ wann die Hündin deckbereit ist und vergeuden Ihre Energie nicht für unnütze Schürzenjägereien. (Vielleicht ein Argument für die Körung ? ;-))
 
Auf den Spaziergängen sollten SIE die Führung übernehmen. Wie dies geht und was Sie bei Pöbeleien tun können, können Sie bei den Themen „Wenn der Hund sich hochfährt“ und „Eindrücke von dem 1. Kromi-Rüden-Seminar“ auf der Unterseite „Seminare & Erziehungsspaziergänge“ nachlesen. Außerdem ist es gut die Distanz in schwierigen Situationen zu vergrößern und einen Bogen zu laufen oder auch umzudrehen und in die andere Richtung zu gehen.
 
Machen Sie sich einen Maßnahmenkatalog nach dem Sie konsequent vorgehen. So ein Maßnahmenkatalog könnte z.B. folgendermaßen aussehen:
 
  • Auf eine gute Leinenführigkeit wird immer und überall geachtet. Ausnahmen soll es nicht geben, denn die verunsichern den Hund
  • An der Leine darf nicht oder nur nach einem entsprechenden Kommando markiert werden.
  • Kontakte mit anderen Hunden gibt es nur im Freilauf oder an der Schleppleine, nicht aber an der Führleine
  • Der Hund darf nicht ungebremst auf andere Hunde zulaufen, sondern erst dann, wenn er sich zuvor auf mich konzentriert hat und ich ihm dies mit einem entsprechenden Freigabekommando erlaubt habe
  • Ich gehe zuerst aus der Haustür und betrete zuerst fremde Räume z.B. Restaurants und vermittle somit, dass ich die Situation zunächst „abchecke“.
  • Zerrspiele sollten erst einmal nicht mehr stattfinden. Stattdessen lieber Apportieren. Und zwar richtig. D.h. der Hund muss mir das Spielzeug zurückbringen und mit einem Kommando (z.B. Aus) wieder hergeben. Das Apportieren ist ein Spiel, das Disziplin und Gehorsam erfordert und daher für Erziehungszwecke gut geeignet ist.
  • Der Hund darf nicht einfach aus dem Haus laufen, sobald die Haustür aufgeht.
  • Der Hund darf nicht ohne Freigabekommando aus dem Auto springen sobald die Tür/Kofferraumklappe aufgeht.
  • ................
 Mit Hilfe eines solchen Maßnahmenkataloges können Sie viel erreichen. Wichtig ist, dass Sie das Ganze konsequent umsetzen. Falls Sie alleine nicht zurecht kommen, suchen Sie sich einen guten Hundetrainer. Am Besten einen mit Kromi-Erfahrung.
 
Wenn Sie konsequent an sich und Ihrem Hund arbeiten, dann wird der Erfolg sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Und wie gesagt: Manche Dinge wachsen sich mit der Zeit auch aus. Der Hund wird einfach „reifer“. Wenn alles so läuft, wie Sie es gerne hätten, dann können Sie auch wieder weniger streng sein....aber natürlich nur solange, wie der Hund nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfällt.
 
Meines Erachtens sollte eine Kastration aus Verhaltensgründen nur bei extremer Hypersexualität und nicht bei einem normal sexuell motivierten Jungrüden (dazu gehören nun einmal auch die oben beschriebenen sexuellen Eskapaden ;-))) erwogen werden.
Unter Hypersexualität verstehe ich, dass der Hund ständig (nicht nur ab und zu und teilweise mit ausgeschachtetem Penis) auf Hündinnen aufreitet, dass der Hund unter einem zwanghaften, extremen Markierverhalten leidet, nichts mehr frisst und nächtelang heult, wenn sich eine läufige Hündin in der Nachbarschaft befindet und all diese Dinge in einer solchen Massivität vorliegen, dass Hund und Halter nur noch Stress haben. Dann, ja dann, sollte in Abstimmung mit Hundetrainern und Tierärzten eine Kastration erwogen werden, damit Hund und Halter wieder glücklich und stressfrei miteinander leben können. Das Risiko der unerwünschten Nebeneffekte muss man dann eben in Kauf nehmen. Auch bei sexuell motivierter Aggression, die jedoch seltener vorliegt als viele Hundebesitzer glauben, kann eine Kastration Abhilfe schaffen.
 
Zu dem Thema Kastration wegen medizinischer Indikation (z.B. Prostataprobleme, Vorhautentzündungen....) möchte ich auf den nachfolgenden Artikel verweisen.
 
Auch bei den Hündinnen bringt eine Kastration aus Verhaltensgründen nur dann etwas, wenn die Verhaltensauffälligkeiten sexuell motiviert sind. Verhält sich Ihre Hündin z.B. vor, während oder kurz nach der Läufigkeit extrem aggressiv, so kann eine Kastration in diesen Fällen Abhilfe schaffen. In allen anderen Fällen sollten Sie versuchen, die Probleme erzieherisch zu lösen.
 
Noch eine kleine Bemerkung zum Schluss: Natürlich muss jeder selber wissen, ob er seinen Hund kastrieren lässt oder nicht. Aber vielleicht regt mein Artikel ja ein wenig zum Nachdenken an....
 

2. Kastration aus gesundheitlichen Gründen 

 
Ob ein Kromi aus gesundheitlichen Gründen kastriert werden muss oder nicht, kann natürlich nur ein Tiermediziner richtig beurteilen. Allerdings möchte ich insofern zum Nachdenken und zu einer kritischen Haltung anregen, als dass manche Hunde auch vorschnell kastriert werden, ohne dass man zuvor über eventuelle Risiken oder unerwünschte Folgen aufgeklärt wurde. Insbesondere den Haltern von jungen Kromfohrländer-Rüden empfehle ich eine zweite Meinung einzuholen, wenn ein pubertierender Jungrüde wegen einer vergrößerten Prostata kastriert werden soll. Denn wie auch bei den Hündinnen müssen sich die Hormone in der Pubertät erst einspielen und viele in dieser Zeit auftretenden Probleme, wachsen sich später von ganz alleine aus.
 
Wissen sollte man vor allem auch, dass neue Erkenntnisse der Wissenschaft ergeben haben, dass bei kastrierten Hunden das Risiko für eine Tumorbildung insgesamt ansteigt. Zwar kann dann nicht mehr die bei der Kastration entfernte Gebärmutter oder der Hoden betroffen sein, aber viele andere Tumorarten z. B. Knochenkrebs, Mastzelltumore, Lymphdrüsenkrebs oder bösartige Prostatatumore werden dadurch begünstigt. Auch der gefürchtete Milztumor, der insbesondere bei älteren Hunden häufig vorkommt, tritt sehr viel wahrscheinlicher auf, wenn das Tier kastriert wurde. Zudem steigt bei kastrierten Hunden das Risiko an Knochenkrebs zu erkranken.

Die Ursache für das steigende Krebsrisiko liegt nach den aktuellen Erkenntnissen beim veränderten Hormonhaushalt der Kastraten. Durch die Kastration wird das Immunsystem des Hundes beeinflusst. Es gibt mittlerweile Studien, die zeigen, dass kastrierte Hunde öfter von bestimmten Autoimmunerkrankungen betroffen sind (z.B. Schilddrüsenunterfunktion und Autoimmunhämolytische Anämien). Auch das Infektionsrisiko steigt bei kastrierten Hunden. Genau wie beim Menschen erfüllt beim Hund jedes Hormon eine Aufgabe im Körper. Wenn dieses Hormon fehlt, kann es zu Beeinträchtigungen kommen. Auch von Kreuzbandrissen und Hüftgelenksarthrosen sind Kastraten stärker betroffen.
 
Bei einer Notfalloperation (z.B. wegen Cystinsteinen, Gebärmuttervereiterung, Geburtskomplikationen, Krebsgeschwüren o.ä.) gibt natürlich keine Wahlmöglichkeit und schnelles Handeln ist gefordert. Auch ein Hodenhochstand beim Rüden, Diabetis mellitus oder starke Hormonstörungen bei der Hündin stellen normalerweise eine medizinische Indikation dar, die kaum eine Wahlmöglichkeit zulassen.
 
                           
 
Die Fälle, um die es mir geht, sind diejenigen bei denen auf Grund von Krebsvorsorge, Scheinschwangerschaften, Vorhautentzündungen oder Prostataproblemen vorschnell und teilweise auch noch bei sehr jungen Kromfohrländern kastriert wird. Hier sollte man kritisch Nutzen und Risiko abwägen. Man sollte auch nie vergessen, dass die Kastration gerade für die Hündin ein relativ großer Eingriff ist. Immerhin ist es bei den Hündinnen eine richtige Bauchoperation mit Risiken für Blutungen, Infektionen, postoperativen Verwachsungen, Nahtproblemen, Narkoseschäden.
 
Haben Sie also eine Hündin, die Sie auf Grund von Scheinschwangerschaften kastrieren lassen möchten, so können Sie z.B zunächst versuchen, die Scheinschwangerschaften homöopathisch in den Griff zu bekommen. Auch Ablenkung und ausgiebige Spaziergänge helfen bei einer Scheinschwangerschaft. Spielzeug, das bemuttert wird, sollte grundsätzlich weggeräumt werden. Außerdem sollten Sie Ihren Hund weder bedauern noch sonst auf sein bemutterndes Verhalten eingehen. Hilft all dies nicht und leidet die Hündin extrem während der Scheinschwangerschaften, so kann man natürlich über eine Kastration nachdenken, denn ausgeprägte Scheinschwangerschaften können das Krebsrisiko erhöhen.
 
Kromi-Hündin im OP-Body
 
Dann gibt es bei den Haltern mancher Hündinnen den Gedanken mit der Vorbeugung von Gesäugetumoren. Es ist zwar unstrittig, dass eine Frühkastration das Risiko eines Gesäugetumors mindert. Allerdings informiert sich vor der Kastration kaum jemand darüber, wie groß das Krebsrisiko tatsächlich ist. Von 1000 unkastrierten Hündinnen erkranken statistisch zwischen 1,98 und 2,8 Hündinnen an Gesäugetumoren –bei manchen Rassen 18,6 (keine Kromis)- (Quelle: R. Stolla, Kastration vor oder nach der ersten Läufigkeit? Argumente dafür und dagegen. Tierärztliche Praxis, 30 (K), 333-338). Dies entspricht einem Pozentanteil von 0,2 bis bis maximal 1,86 %. Frühkastrierte Hündinnen haben demgegenüber ein Risiko von 0,0093 % und nach der ersten Läufigkeit kastrierte Hündinnen tragen ein Risiko von 0,1488%. Weiterhin treten die Gesäugetumoren meistens erst in einem Durchschnittsalter von 10-15 Jahren auf. Somit ist also die Frage, ob ein Nutzen in einem so geringen Prozentbereich eine Kastration mit all ihren Risiken und eventuellen negativen Effekten rechtfertigt. Diese Entscheidung muss jeder für sich treffen. Für eine Entscheidungsfindung finde ich diese Zahlen aber nicht unerheblich.
 
Wie sieht es nun bei den Rüden aus? Der Krebsvorsorgegedanke spielt i.d.R. keine so große Rolle. Meistens liegen andere gesundheitlichen Probleme vor.
 
Viele Rüden haben regelmäßig eine Vorhautentzündung, in deren Rahmen ein gelblich-weißer Ausfluss aus dem Penis heraustritt. Diese Vorhautentzündungen sind meistens harmlos und wachsen sich mit dem Älterwerden aus. Abhilfe kann man mit Penisspülungen schaffen. Wer diese nicht selber durchführen möchte, kann sie auch durch den Tierarzt vornehmen lassen. Vorhautentzündungen verschwinden nach einer Kastration in 45 % der Fälle, so dass eine Kastration hier durchaus Abhilfe schaffen kann. Lassen Sie sich aber auch hier die möglichen negativen Folgen im Verhältnis zum Nutzen durch den Kopf gehen, zumal die Chance groß ist, dass sich die Vorhautentzündungen mit der Zeit von selber wieder geben.
 
 
Zu guter Letzt möchte ich noch auf Prostataprobleme zu sprechen kommen. Diese werden oftmals durch eine Hypersexualität, aber auch durch normale Hormonschübe beim Rüden hervorgerufen. Auch hier sollte man zunächst eine homöopathische Behandlung ausprobieren, da damit oftmals gut geholfen werden kann. Wie bei den Vorhautproblemen kann sich auch eine Prostatavergrößerung im Laufe des Heranwachsens von selber wieder geben (bitte haben Sie Geduld). Hilft jedoch alles nichts, sollte man Nutzen und Risiko wieder genauestens abwägen. Damit Sie sich vorstellen können, in welchen Fällen eine Kastration wegen Prostataproblemen und Hypersexualität wirklich helfen kann, folgt jetzt ein Auszug aus einer an mich gerichteten E-Mail. Die Besitzer des Hundes hatten vor der Kastration Meinungen von verschiedenen Hundetrainern und Tierärzten eingeholt:
 
„...Benny geht es sehr gut! Ich hatte ja ein längeres Gespräch mit Frau Meyer und mit ihrer Kollegin und beide meinten ja, dass sie
nicht für Kastrationen seien, sie aber in Bennys Fall doch diese sehr
empfehlen würden. Dies deckte sich auch mit den Empfehlungen der Tierärztin,
welche sehr zurückhaltend mit Kastrieren ist und mit der Empfehlung unseres
Hundetrainers, welcher Benny und mich ja sehr gut kennt. Als wir dann wieder
zu Hause waren, hatte Benny schon wieder Blut im Urin und wir hatten ein sehr

langes Gespräch mit der Tierärztin. Sie meinte, sie würde uns sehr stark
raten, Benny zu kastrieren, denn seine Prostata sei einfach dauernd viel zu
gross und dies verursacht ja auch die Blutungen. Weiter war der
Vorhautkatarr wieder extrem und wir bekamen ihn schon seit längerem nicht in
den Griff. Dauernd Antibiotika ist ja auch nichts und leider brachten wir es
mit keinen alternativen Mitteln in den Griff. Meine Freundin ist ja
Naturheilpraktikerin für Tiere und auch sie hatte keine Mittel mehr die
halfen. Anfänglich meinten wir ja Benny habe Struviten und habe deshalb Blut
im Urin. Unsere Tierärztin schickte uns dann zu einem "Steinspezialisten"
und dieser untersuchte Benny genau. Das Resultat war, die Menge der
vorhandenen Struviten im Urin sei im normalen Bereich, er könne von dieser
Seite her nichts spezielles feststellen. Die Prostata sei aber extrem
vergrössert und dies verursache das Bluten. Man erschrickt schon, wenn der
Hund rot statt gelb markiert. Das erste mal war ich total schockiert und
befürchtete schon etwas ganz schlimmes....“
 
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Hier ging es um die Gesundheit und auch um ein stressfreies Miteinander von Hund und Frauchen/Herrchen. Ich möchte mit dieser E-Mail verdeutlichen, dass man sich mit dem Thema Kastration aus gesundheitlichen Gründen aber genauestens auseinandersetzen muss. Nach einer genauen Nutzen-Risiko-Abwägung und einer guten Beratung durch Tierärzte und Hundetrainer, muss jeder für sich die Entscheidung treffen.
 
WICHTIG: Falls wegen einer medizinischen Indikation kein Weg an der Kastration vorbei gehen sollte, dann lassen Sie bei Ihrem Kromi vorher bitte unbedingt einen Gentest auf die von-Willebrand-Erkrankung (Typ 1) durchführen, sofern sein Genstatus noch nicht bekannt sein sollte, damit nicht unerwartet heftige Blutungen während oder nach der Operation für Komplikationen sorgen!

3. Links zum Weiterlesen

Die Kastration beim Hund - Ein Paradigmenwechsel - Tierarzt Ralph Rückert

Die intakte Hündin, das unbekannte Wesen - Tiermagazin WUFF

Artikel zu Kastrationsrisiken bei Hunden - Naturheilpraxis Barbara Csery

Dissertation zu Katrationsfolgen bei Hunden - TiHo Hannover (PDF als Download)


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